Ansprache Pastor Hagedorn

Fünftes „Rotenburger Gebet – Schöpfung bewahren“ am 7. Oktober 2018 an der Versenkbohrung „Sottrum Z1“ in Hassendorf

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer am 5. „Rotenburger Gebet – Schöpfung bewahren“!
Gestern feierten 50.000 Menschen am Hambacher Forst ein Fest. Ein Zwischenerfolg war errungen im Kampf gegen den Braunkohleabbau und für den Klimaschutz, im Kampf gegen Konzerninteressen und für Demokratie. Einem so weithin sichtbaren Zeichen geht viel unsichtbare Arbeit voraus: Dass Menschen anfangen, sich zu interessieren. Dass sie sich und andere informieren. Dass sie im eigenen Umkreis ihre Meinung artikulieren. Dass sie in Bürgerinitiativen geduldige Kleinarbeit auf sich nehmen. Eine große, prachtvolle Baumkrone mit ihrem Laub wird von unzähligen Wurzeln mit Wasser und Nahrung versorgt.

Wir hier sind Teil der Bewegung, ausgehend von den Problemen vor Ort. Aus der Bürgerinitiative Frack-loses Gasbohren heraus entwickelte sich die Idee, mit politischen Gebeten nach draußen zu gehen. Dieses Konzept des Gebetes entstand 1968 auf dem Katholikentag in Essen, wurde von der Evangelischen Kirche in Köln aufgenommen und erhielt dort wegen der Tageszeit den Namen „Politisches Nachtgebet“.
Die Bischöfe beider Kirchen hielten politische Gebete für fehl am Platz. Heute sind sie eine mögliche Aktionsform. Wir tragen damit unsere Überzeugungen nach draußen. Und bringen zum Ausdruck, dass Aktion in etwas begründet und gegründet sein muss, was wir Kontemplation nennen: gründliches, auf den Grund gehendes Bedenken, woher denn unserer Motivation zum Agieren kommt. Das bedeutet Selbstkritik und Kraftgewinn.
In der Kirche vollziehen wir Selbstbesinnung in Auseinandersetzung mit der Bibel. Über die Brücke von drei Jahrtausenden führen wir ein Generationengespräch darüber, wie menschliches Zusammenleben aussehen soll, und von dorther empfangen wir immer noch un-erhörte Impulse.

Ich wähle einen Satz aus dem 24. Psalm: „Dem unnennbaren GOTT gehört die Erde und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen.“ Der Name „GOTT“ setzt eine Schranke vor die eigensüchtige Ausbeutung der Erde durch Menschen, gegen die Ausbeutung von Menschen durch Menschen, und gegen die Selbstausbeutung des Menschen. „GOTT gehört die Erde und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen.“ Kein Mensch darf die Erde oder ein Stück davon zu seinem Eigentum erklären. Wir sind alle Gäste hier. Von allen und zum Nutzen Aller ist zu entscheiden, wie mit der Erde und ihren Gütern umgegangen werden soll.

Warum müssen in unserm Land Menschen aufstehen und die Regierenden zur Energiewende tragen? Weil die Regierenden nicht frei sind gegenüber der Macht der Konzerne. Die Regierenden brauchen unsere Unterstützung, unsere Stimme. Konzerne reißen sich die Güter der Erde unter den Nagel und die Arbeitskraft von Menschen, um Kapital daraus zu machen. Auch 200 Jahre nach der Geburt von Karl Marx erscheint diese Konstruktion den meisten Menschen gottgegeben, unabänderlich. Viele werden noch aufstehen, bis das Wirklichkeit wird: „Dem unnennbaren GOTT gehört die Erde und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen!“